Dies ist eine Keynote, die Jan auf der 99U Local, 2015 in Dresden gehalten hat. Es geht um die deutsche Fixierung auf’s „Dinge besser machen“, anstatt Kunden oder Nutzern zu helfen, ihre Jobs-to-be-Done besser zu erledigen. Dies war der Ankündigungstext:
Viele deutsche Unternehmen sind stolz darauf Ihre interne Wertschöpfungskette gut zu kennen, diese permanent zu optimieren und viel Liebe in ihr Produkt zu stecken. Was sie häufig übersehen ist: Auch der Kunde hat eine Wertschöpfungskette. Er integriert Produkte und Services [sic!] anderer Anbieter um anderen Menschen oder sich selbst einen Service [sic!] zu erweisen. Produkt- oder Servicelösungen, die nicht kompatibel mit seiner Alltagspraxis sind wird er schnell ersetzen durch andere, die ihm besser zu Diensten sind.
Menschen kaufen Produkte daher nie isoliert, sie suchen immer Lösungen die sie am besten in ihren Werterlebnisprozess einbetten können. Welche Form eine Lösung annimmt, die Ihnen ihre gewünschten Ergebnisse erbringen ist selten von Belang. Produkte sind immer nur Mittel zum Zweck. Daher heuern sie immer jenes Produkt oder jenen Service, der ihnen ihren spezifischen „Job-to-be-done“ im persönlichen Nutzungskontext am besten erledigen kann. In anderen Worten: Nutzer wählen jene Lösungen, die sich am besten in ihre aktuellen Lebenssituationen sowie bereits bestehende Produkt-Service-Ökosysteme integrieren lassen. Tun sie das genau so gut oder gar besser als menschliche Dienstleister oder andere Produkte und maschinelle Services, sind sie mehr Wert geheuert zu werden, als bestehende Alternativlösungen am Markt.
Auch im Land der Maschinenverehrer gilt: Menschen kaufen keine Produkte, sie suchen Lösungen! Unternehmen sollten wissen welche, denn es gilt die Maxime: „Bevor Du die Dinge richtig baust, bau erst mal die richtigen Dinge!“
Jan Schmiedgen, 99U Local, Dresden
Unternehmen, die nur in Gütern, Produktkategorien oder gar „Industrien“ denken, leiden daher an einem verengten Blick. Ihre Produkte allein kreieren nämlich keinen Wert. Vieles was ein gutes „Qualitätsprodukt“ nach deutscher Lesart ausmacht können die Hersteller aus den aufstrebenden Wirtschaften Südostasiens nun auch produzieren. Deutsche, zu Güter-zentrierte, Hersteller erleben daher schon heute eine Kommodifizierung ihrer Angebote auf breiter Ebene. Die rezeptartigen Strategien (bessere Leistungskennzahlen, mehr Features, langlebigere Qualität, besseres Branding, „Hochpreisstrategien“, Produktionsverlagerungen, etc.) mit denen viele dann versuchen sich gegen diesen Trend zu stellen, halten diese Entwicklung eher selten auf. Umso mehr aber entlarven sie jene tief verwurzelte „Produktstrategiedenke“, die zur Achillesferse der deutschen Wirtschaft werden könnte. Ein möglicher Ausweg aus diesem Dilemma ist eine stringente Service-Logik des Wirtschaftens.
Jan reißt in seinem Talk an, weshalb eine Güter-dominante Wirtschaftslogik zwar unsere Köpfe dominiert, aber noch nie in der Realität existiert hat. Unternehmen die ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten möchten rät er weniger auf ihren Wettbewerb zu schielen und sich stattdessen mehr mit ihren Kunden und deren Lebenswelten auseinanderzusetzen. Illustriert wird das Ganze anhand amüsanter Praxisbeispiele – vom Babyöl über Backmischungen bis hin zur Hilti Bohrmaschine.